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Hanf

Das Haus, aus dem die Träume sind


Der erfahrene Redakteur lernt viele Baustoffe und Bauweisen kennen. Aber als er zum ersten Mal von einem Haus aus Hanf erfuhr, dachte er: „Na gut, dann ist wenigstens die Feuerwehr happy, wenn es doch mal brennt."

Die Vorzüge von Hanf

Hanf ist ein Werkstoff der Vergangenheit. Bereits vor 6000 Jahren wurden in China aus ihm Stoffe hergestellt, vor knapp 3000 Jahren in Europa. Vor 400 Jahren war er das Material für Schiffssegel, Takelwerk, Uniformen der Seeleute, Schiffskarten, Logbücher und sogar Bibeln. In Fensterlaibungen als Dichtmaterial eingesetzter Hanf hat nach 100 Jahren kaum etwas an Haltbarkeit und Elastizität verloren.

Hanf ist aber auch ein Werkstoff der Zukunft. In drei bis vier Monaten wächst die Pflanze, die unser Klima hervorragend verträgt, bis zu 4,50 Meter hoch. Sie benötigt keine Spritzmittel, weil sie resistent gegen Schädlinge ist. Da die Pflanze in der jeweiligen Region angebaut wird und zu ihrer Fertigung nur ein geringer Energieaufwand erforderlich ist, reduziert ihre Verwendung erheblich den CO2-Ausstoß.

Der Raumanteil der Hanfdämmung an der Gesamtkonstruktion eines Hauses beträgt rund 50 Prozent. Für ein Einfamilienhaus ist die Jahresernte von nur einem Hektar erforderlich, und dies spart gegenüber der Verwendung mineralischer Dämmstoffe den CO2-Eintrag von rund zwei Tonnen in die Atmosphäre.

Und letztlich kommt der Einsatz der Hanfdämmung auch der Landwirtschaft zugute. Bauern könnten wieder ackern und brauchten nicht auf Stillegungsprämien der EU zu hoffen.

Das Engagement

Entwickelt wurde das Haus von der Architektin Doris Flügel, dem Zimmergeschäft Hock aus Stutensee und dem Statiker und Bauphysiker Dipl.-Ing. Rolf Günther aus Stutensee. Sie bilden den Arbeitskreis Hanfhaus.

Die Entwicklung der Wärmedämmung aus Hanf wurde von der BAFA (Badische Naturfaseraufbereitung) in Maisch in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Hanfhaus und der ROWA getätigt. Zahlreiche wissenschaftlichen Institutionen, so z.B. die Landesanstalt für Pflanzenbau in Rheinstetten-Forchheim und das Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie haben diese Arbeit über Jahre unterstützt.

Die Architektin: „Zu den wichtigsten Prinzipien des Planens und Bauens gehören für mich die ganzheitliche und individuelle Berücksichtigung der Menschen, die das Gebäude nutzen. Und ökologischen Bauen bedeutet für mich viel mehr als energiesparendes Bauen. Die starke Verbundenheit mit den Kräften der Natur, gesunde nachwachsende Baustoffe, die Berücksichtigung von Energieflüssen, die Wirkungen von Material und Farbe auf den Menschen sind nur einige dieser Aspekte. Kostengünstiges Bauen schließlich nimmt bei mir sowohl auf die Baukosten wie auch auf die Gesundheit und das Wohlergehen der späteren Nutzer Rücksicht."

Das Haus

Doris Flügel plant ihre individuell gestalteten Häuser mit einer ausgefeilten Konstruktion ohne chemischen Holzschutz. Das verwendete Holz – im Winter bei absteigendem Mond geschlagen und damit feuchtigkeitsarm – wird im Zimmergeschäft mit OSB-Platten beplankt. Der Formaldehydanteil dieser Platten entspricht dem des natürlichen Holzes. Innerhalb von nur drei Tagen können die Elemente auf der Baustelle aufgestellt und das Haus wetterfest gemacht werden. Soweit irgend möglich, werden beim Ausbau Materialien aus nachwachsenden Rohstoffen eingesetzt – Holz, Linoleum und Kork. Verzichtet wird auf Kunststoffe. Die Fenster, hergestellt ohne das energiefressende Krypton, kommen auf einen k-Wert von 0,9.

Fünf bis sechs Quadratmeter Sonnenkollektoren bringen beim Passivhaus 50 bis 70 Prozent des Brauchwasser-Wärmebedarfs. Eine Wärmepumpe und die Wärmerückgewinnungsanlage decken weitere Energieanteile ab. An zehn bis 20 Tagen im Jahr wird ein Kamin mit Holz- oder Gasfeuerung als Zusatzheizung benötigt.

Die k-Werte der Außenwand betragen beim Niedrigenergiehaus 0,209 W/m2K, beim Passivhaus 0,172 W/m2K.

Die Hanf-Niedrigenergiehäuser, die als freistehendes Haus, als Reihenhaus oder als Doppelhaushälfte ausgeführt werden können, verzichten auf die Wärmerückgewinnung und sind mit einem Gas-Brennwert-Kessel ausgestattet.

Die Zukunft und die Träume

Langfristig denkt die Architektin daran, in Kooperation mit Handwerkern aus allen Regionen Deutschlands, der Schweiz, Frankreichs und Österreichs die Häuser vor Ort herzustellen, nur das Know-how zu transportieren. Voraussetzungen sind aber, dass Hanfanbau und Verarbeitung generell an Bedeutung gewinnen, denn aus dieser Pflanze lässt sich noch viel mehr herstellen – Fasern für die Textilherstellung und Papier, Öl für Nahrungsmittel und Kosmetika. Süchtig übrigens, und das sei am Schluss vermerkt, macht bei diesem Produkt nur die Vielfalt der Möglichkeiten.

 

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