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Kaufhaus

Das Städtische Kaufhaus - der erste Mustermesse-Palast


Bis in das Jahr 1477 lässt sich die Geschichte des einstigen Gewandhauses, der späteren Stadtbibliothek und des heutigen Städtischen Kaufhauses zurückverfolgen. Mit dem Umbau des Gebäudeteiles am Gewandgässchen in der Mitte des 18. Jahrhunderts zur Stadtbibliothek wurde es zu einem der stattlichsten Zeugnisse des Barock in Leipzig. Es enthielt den ersten Konzertsaal des Gewandhausorchesters.

Als Leipzig rechtzeitig den Übergang von der Waren- zur Mustermesse vollzog, wurde auch die Stadtbibliothek wieder umgebaut. Zwar präsentierten sich hier bereits vorher auswärtige Tuchhändler, waren zahlreiche "Geschäftslocale" eingeordnet. Nun aber standen neue Forderungen an die Funktionalität und Größe des Gebäudes. Der Gewandhausflügel an der Universitätsstraße wurde abgebrochen und im April 1895 begannen auf diesem Gelände und weiteren Grundstücken die Bauarbeiten für den ersten Leipziger Messepalast (Architekt: Hugo Licht), der übrigens auch wieder einen Konzertsaal erhielt. 1899 wurden dann die übrigen Gebäude am Neumarkt abgebrochen und bereits 1901 stand der gesamte vierflügelige Messepalast zur Verfügung, in dem erstmals das Prinzip des Zwangsrundganges realisiert war.

31 Läden an der Straßenfront, sieben zum Hof im Bibliotheksflügel, 120 geschlossene und 127 offene Stände in den Gängen und im Konzertsaal wurden von den Händlern genutzt.

Das in der Tradition sächsischer Schlossbaukunst im Stile des Spätbarock errichtete Kaufhaus war mit prächtigen Stuckverzierungen in den Fassadenfronten geschmückt.

Nach schwerer Beschädigung des Bibliotheksflügels bei einem Bombenangriff im Dezember 1944 wurde der Bau in der DDR notdürftig instandgesetzt und weiter für Messen genutzt. Dach und Fassade waren jedoch nicht erneuert. Das Haus verfiel immer mehr. 1985 entschied man sich dann für die Erarbeitung einer denkmalpflegerischen Zielstellung, und 1988 begann der Wiederaufbau des barocken Flügels am Gewandgässchen.

Diese Zielstellung blieb auch die Grundlage der weiteren Sanierung nach der Privatisierung. Zu den in der Denkmalpflege seltenen glücklichen Momenten darf man zählen, daß der Aachener Unternehmer Jagdfeld die Konzeption auf den Innenhofbereich erweiterte und auch im Inneren des Gebäudes zu finanziell äußerst aufwendigen und teilweise über die Forderungen der Denkmalpflege hinausgehenden Leistungen bereit war.

Die äußere Hülle

Für die Erarbeitung der Pläne standen dem Büro für Denkmalpflege Dr. Hocquél-Schneider & Küster noch zahlreiche originale Unterlagen aus der Zeit des Baus zur Verfügung, und es gab auch exzellente Fotos. Mit ihrer Hilfe wurden fotogrammetrische Messbilder angefertigt, die ein genaues Aufmaß der Fassade ermöglichten. So konnten die alten Stuckverzierungen originalgetreu wiederhergestellt werden. Zwei Stukkateure aus Polen erwiesen sich nach umfangreichen Versuchen durch verschiedene Betriebe als die einzigen, die imstande waren, die diffizilen Arbeiten mit der nötigen Sensibilität auszuführen. Diese Leistung kann man schon zu den außergewöhnlichen denkmalpflegerischen Arbeiten zählen.

An Putzproben wurde erst während der Bauarbeiten festgestellt, daß das Städtische Kaufhaus eine völlig andere Farbgebung hatte, als ursprünglich angenommen wurde, und so musste auf diesem Gebiet die Zielstellung korrigiert werden.

Die Arkaden wurden zurückgebaut, das reich gegliederte Mansarddach aufgrund der noch vorhandenen Unterlagen rekonstruiert und die Dachziegel in einem heute nicht mehr üblichen Format in Görlitz gebrannt. Auch die Bronzefigur von Kaiser Maximilian und die bronzierte Betongußplastik des Merkur wird das Gebäude wieder schmücken.

Prachtvolle Innenausstattung

Zu den zu bewundernden Anlagen im Inneren des Gebäudes zählen die Treppenhäuser mit den reich geschmiedeten Geländern. Das barocke Treppenhaus in der einstigen Stadtbibliothek mit seinem Kalkputz, der fast die Glätte von Marmor hat, wird weitgehend im Gesamtbild von 1744 gestaltet. Es wird mit Sicherheit die repräsentativste und schönste barocke Treppenanlage Leipzigs. Auch bei der Gestaltung des Fahrstuhles war der Bauherr zu finanziell aufwendigen Konzessionen bereit. Der moderne verglaste Fahrstuhl erhält die alte geschmiedete Umwehrung. Fotos und aufgefundene Teile waren die Grundlage der Rekonstruktion. Selbst die im Gebäude noch vorhandenen gusseisernen Säulen, die sich nicht in die heutige Raumstruktur einfügen ließen, wurden gesichert und an ihrem ursprünglichen Platz umbaut, so dass sie von künftigen Generationen wieder freigelegt werden können

Natürlich ist eine solche Arbeit immer eine Gratwanderung für den Denkmalpfleger, denn deren Aufgabe besteht in erster Linie darin zu schützen und nicht zu erneuern. Beim Städtischen Kaufhaus wurde eine Lösung gefunden, die eine weitere Nutzung des Gebäudes auf einem Niveau ermöglicht, das seinem baukünstlerischen Wert adäquat ist. Und nur ein genutztes Denkmal kann erhalten werden. 7.500 Quadratmeter Verkaufs- und 2.000 Quadratmeter Restaurantfläche stehen zur Verfügung. In den oberen Etagen entstehen moderne Büro- Praxis und Konferenzräume mit einer Gesamtnutzfläche von 14.500 Quadratmetern.

 

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