Die hinterlüftete Vorhangfassade
Die ganze Welt kennt das Bild: Die Monroe in einem Hauch von einem weißen Kleid. Der Wind fährt unter den Saum. Mit der Hand hält sie das Kleid nach unten, nicht zu hoch, aber auch keinesfalls zu tief. Es ist wohl das charmanteste Foto einer hinterlüfteten Vorhangfassade. Mit der wollen wir uns hier befassen, nicht mit der von der Monroe, sondern der richtigen.
Ein Hauch von Geschichte,...
Vorab: Wie bei den verschiedenen Putzen kann auch die hinterlüftete Fassade aus den verschiedensten Materialien bestehen. Zu den ältesten gehören sicher die Schieferfassaden, die z.B. häufig in den Thüringer Mittelgebirgen anzutreffen sind. Edel im Farbton, haltbar bis in die Unendlichkeit, aber auch ein wenig teuer. Holzfassaden kennen wir aus jeder einschlägigen amerikanischen Krimi-Serie. Kunststofffassaden gibt es sicher preisgünstig, aber nur selten farbecht. Außerdem ziehen sie den Staub geradezu an, da sie sich elektrostatisch aufladen. Und wie sie hinsichtlich ihrer Elastizität auf Dauer auf UV-Strahlen reagieren ist noch nicht hinlänglich bekannt. Das wohl optimalste Material ist Faserzement.
Und so, wie die Kalksandsteinhersteller ihren Ursprung auf die Höhlenmenschen zurückführen, die ja als erste im Kalksandstein lebten, so sehen die Faserzementhersteller ihren Ursprung auch in grauer Vorzeit, z.B. im Bau des Pantheon in Rom, das bereits 27 v.u.Z. aus Beton errichtet wurde. Eigentlich ist Faserzement nämlich kaum etwas anderes als Beton. Zur Verbesserung seiner Stabilität wurden einst zuerst Stahldrähte in das Material als Bewehrung eingebracht. Später waren es Moniereisen, erfunden 1861 durch den Franzosen Monier. Seit 1913 verwendete man Asbestfasern. Damit ist es längst vorbei. Heute bestehen zwei Prozent des Materialvolumens aus einer Kunststofffaser zur Bewehrung und sieben Prozent aus einer Zellulosefaser.
Ludwig Hatschek hieß der Mensch, der sich das Verfahrenspatent eintragen ließ und auch gleichzeitig den Markennamen Eternit. Damit wollte er zeigen, dass diese Produkte für die Ewigkeit sind (lat: Aeternitas, atis, f = Ewigkeit). Nur einem Interessenten in jedem Land gestattete er die Nutzung des Namens, und zwar nur, wenn dessen Qualität über dem Durchschnitt liegt und er zum Erfahrungsaustausch über die Weiterentwicklung bereit ist.
ein wenig Bauphysik, ...
„Ewig währt am Längsten!, sagten wir uns und sprachen bei Eternit mit Dr. Thomas Bade. Wir suchten hier den Erfahrungsaustausch.
Den Vorteil der hinterlüfteten Fassade sieht der Ingenieur zuerst einmal in den bauphysikalischen Vorzügen, die eine konsequente Trennung der Fassade vom eigentlichen Bauwerk beinhalten. Beginnen wir mit der Feuchtigkeit. Sie diffundiert von innen nach außen. Und auch wenn es diffusionsoffene Putze gibt, so wird jedem einleuchten, dass bei einer unmittelbar vor das Mauerwerk oder z.B. die Holzständerkonstruktion geklebten Styroporschicht mit darüber aufgetragenem Putz die Diffusionsfähigkeit nach außen hin abnimmt, und damit eine Bremse entsteht. Bei der hinterlüfteten Fassade zirkuliert ständig Luft an der Wand, die die Feuchtigkeit abträgt. Wenn in so einem Haus jemand doch noch Wert auf Schimmelbildung legt, dann muss er schon jeden Tag einen Kessel Buntes im Wohnzimmer kochen - und zwar lange.
Auch hinsichtlich des Schallschutzes hat die hinterlüftete Fassade unbestreitbare Vorteile. Das Haus ist ja schließlich wie ein Fernseh- oder Rundfunk-Studio nach dem Haus-in-Haus-Prinzip gebaut. Die Schallwellen brechen bereits an der Fassade, es wird kaum Körperschall übertragen. Die Luftschalldämmung verbessert sich um drei Dezibel, und das ist eine ganze Menge.
Nächster nennenswerter Vorteil ist die Raumtemperatur im Sommer. Die Luft hinter der Fassade erhitzt sich und wird sofort nach außen abgeführt. Das Haus steht quasi immer im Schatten, so als sei es dicht mit Wein berankt.
Die Haltbarkeit gehört zu den Vorteilen. Haarrisse, wie sie bei vielen Putzen auftreten können, gibt es hier nicht, und so findet auch der Frost keine Möglichkeit, in die Substanz des Hauses einzudringen. Außerdem kann man die Fassade auch bei Minus-Graden fertig stellen, ohne befürchten zu müssen, dass sich später Probleme einstellen.
Selbst wenn es Schusterjungen regnet, das Wasser kann nicht durch die Kapillaren in die Wand gesaugt werden.
Das Ministerium für Bauwesen hat diese Fassaden bei den Wartungsintervallen in die höchste Kategorie eingestuft, und eine Lebensdauer von 40 bis 50 Jahren ist durchaus normal. Da im Werk ausschließlich anorganische Farbpigmente eingesetzt werden, die die höchste Lichtechtheit aufweisen, ist auch nach vielen Jahren nicht mit einem Ausbleichen zu rechnen - trotz Ozonloch und höherer UV-Einstrahlung.
...und noch etwas Ästhetik
Bei Eternit hat man das Farbspektrum von dem bekannten Farbdesigner von Garnier entwickeln lassen. Hier stehen in fünf Farbgruppen 127 Fassadenfarben zur Verfügung und 20 verschiedene Formate, die die unterschiedlichsten Deckungsbilder ergeben. Darüber hinaus gibt es den jungen Werkstoff der Holzzement-Platten, der farbgrundiert oder auch fertig eingefärbt ausgeliefert wird. Er eignet sich besonders als Außenwandbekleidung von Holzunterkonstruktionen. Die Fasern einheimischer Nadelhölzer treten bei ihm an die Stelle der Kunststofffasern.
Mit dieser Vielfalt und der von Architekten auch immer wieder geschätzten Möglichkeit des Einsatzes großformatiger Platten, sind den Gestaltungsmöglichkeiten kaum Grenzen gesetzt.
Die Technologie und die Produkte werden derzeit vorwiegend bei Reihenhäusern und beim Bau ganzer Siedlungen eingesetzt, da Architekten da natürlich die Möglichkeit haben, mit den aufeinander abgestimmten Farben einen harmonischen Eindruck zu erzielen. Dr. Bade beobachtet aber auch immer häufiger den Einsatz der hinterlüfteten Fassade in Kombination mit anderen Bauweisen, also dass z.B. ein normal verputztes Haus einen hinterlüfteten Giebel erhält. Damit lassen sich vielfältige Wirkungen erzielen.
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